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#dmcmuc 2017 Rückblick: Was meinst Du mit Real Life?

Ich kam, sah und lernte: Über Sicherheit und Unsicherheit im Netz, im Publikum und bei den Medienschaffenden. Als Kommunikationswissenschaftlerin lernte ich über das, was die Medien 2017 beschäftigt. Als PR-Expertin beobachtete ich, wie wer wo über sich und andere spricht. Und als Bloggerin berichte ich hier darüber für alle, die nicht dabei sein konnten beim Barcamp #dmcmuc:

Barcamp-Zeit in München: Am 11. und 12. Februar 2017 rockte das Media Lab Bayern in der Deutschland-Zentrale von Microsoft das Digital Media Camp.

Schon als ich 2012 ein Interview mit Jan Theofel über Barcamps führte, spürte ich: Das ist ein geniales Event-Format! Mehr Wissen, mehr Vernetzung, spontan geboren aus dem, was gerade erfahren und erzählt werden will. Das Beste aus dem machen, was gerade entsteht mit den Menschen, die gerade im Raum sind. Und dann: 2016 mein erstes Digital Media Camp. Ein guter Einstieg, erst mal in der Rolle der Zuhörerin.

digital media camp #dmcmuc

2017 trat ich mit dem Ziel an, selbst eine Session anzubieten: Kreativzone – Drei Wege aus der Schreibblockade. Und sogar eine Zweite, die sich aus einer Session vom Vortag ergab, diesmal zum Thema Personal Branding für Journalisten. Doch nun mal ganz chronologisch:

Mein Tag 1:

Linkhaftung im Urheberrecht von Dr. Jonas Kahl

Ich lernte: Nix is fix! Wer Links setzt, kann Mist bauen – wenn z.B. das Bild auf der verlinkten Webseite Urheberrechte verletzt. Ob man das wissen und überprüfen kann, ob der jeweilige Betreiber einer Webseite die Rechte am Bild hat? Nun, das verlangt die neue Entscheidung des EuGH und Landgerichts Hamburg, und zwar für alle Webangebote mit Gewinnerzielungsabsicht. Eine Entscheidung, die für alle eine enorme Rechtsunsicherheit bedeutet. Was ist zu tun? Man kann entweder keine Links mehr setzen oder alle Seiten akribisch prüfen oder abwarten, bis sich die Rechtslage konkretisiert.

Spiegelei mit Spinat und Livestreaming von Michael Praetorius, Digital Strategist, TV & Radio guy

Ich lernte: Es braucht vernünftige Technik beim Livestreaming und einen ungedrosselten Mobilfunkvertrag. Wichtig ist die Spiegelei-mit-Spinat-Technik bei der Anmoderation: 4mal 15 Sekunden, 4 Ecken, wer wie was warum. In live-Formaten soll man reden mit dem Publikum, es einladen, begrüßen, in Dialog treten und den Warm-up mitsenden. Formate, in denen viele Menschen als Interviewgäste vorkommen oder ein bunter Strauß von Themen serviert wird, haben nur kurze Verweildauer. Erfolgreich sind Formate mit einem oder zwei Gästen, die mehr Redezeit bekommen. Wichtig ist die Promotion im Vorfeld!

Meine Session Nummer 1: Kreativzone: Drei Wege aus der Schreibblockade

Ich lernte: Das war ein wichtiges Thema, denn der Raum war voll und die Teilnehmenden setzten die drei Tricks gleich super um.

  • Trick 1: Linien aufs Blatt malen und darauf schreiben.
  • Trick 2: Einfach losschreiben.
  • Trick 3: Den Inhalt, den man in einen Text verpacken möchte, in Form eines Briefes an eine Person, die man ins Herz geschlossen hat, niederschreiben und ihr das Thema darin erklären.

Die Blätter füllten sich rasch und wie immer in meinen Schreibwerkstätten war von Schreibblockade keine Spur mehr zu entdecken!

ProSiebenSat.1 Digital: Social Media, Blick hinter die Kulissen von 300 SoMe Accounts mit Carsta Maria Mueller, Team Lead Social Media bei ProSiebenSat.1 Digital

Ich lernte: Viele Kanäle, viele Sendungen und viele Stars bedeuten viele Social Media Accounts, die es zu betreuen gilt! Carsta Maria Mueller stellte die Multichannel-Strategie vor und zeigte die Philosophie eines Teams, das nicht nur mehr als 100 Facebook-Seiten betreut, sondern auch noch die 4 Mio. Fans auf Twitter oder die eine Million Follower auf Instagram.

Storytelling der Zukunft von Pia Kleine-Wieskamp

Ich lernte: Virtual oder Augmented Reality hin oder her, noch ist es eine Herausforderung, durch Technik Geschichten „fühlbar“ zu erzählen. Einige Besucher der Session hatten VR-Brillen ausprobiert, aber nach ein paar Tagen gelangweilt weggelegt. Noch sind die Anwendungen nicht so gut, dass wir verweilen wollen. Anwendungsmöglichkeiten fanden sich viele: Spiele und Rollenspiele, Management-Trainings in Krisensituationen, Vorschau auf Urlaubsreisen, Lernen, Therapie. Die Passivität der „User“ – die Faulheit der Menschen – stand als Hindernis im Weg, neue Formate auf den Weg zu bringen. Auch im Journalismus wird damit experimentiert, wie man Stories in Zukunft erlebbarer erzählen und damit neue Zielgruppen erreichen kann. Ein spannendes Thema.

PR, Marketing und Content: Geht das überhaupt? von Sascha Pallenberg, Head of Digital Content bei der Daimler AG

Ich lernte: Wenn man als Tech-Blogger zu Daimler wechselt, wird erwartet, dass man sein Hoodie weiter trägt und nicht in der Anzug-Kravatten-Uniform erscheint. Sascha Pallenberg formulierte es gewohnt knackig: Content Marketing ist Bannerübersetzung. Man soll nicht erzählen, wie toll die Produkte sind, sondern man soll der Zukunft, in der die Produkte eine Rolle spielen werden, ein Gesicht geben. Vorbild: Bosch.

Die Frage von Richard Gutjahr: „Brauchst Du Daimler oder braucht Daimler Dich?“ inspirierte mich zur Personal Branding Session am Folgetag. Denn diese Frage zielte auf den Wert von Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Coolness macht attraktiv, verspricht einen Imagetransfer, erhöht den Mehrwert und die Fangemeinde bringt der neue Mitarbeiter ja gleich mit.

Sascha Pallenberg wird sich in den kommenden Monaten mit Brückenbauen beschäftigen und ich bin schon ganz gespannt, was wir da zu erwarten haben. Die Apotheken-Rundschau – die nach seiner Meinung das Content Marketing erfunden hat – wird sich warm anziehen müssen!

Tag 2:

Publikum vs. Massenmedien, was tun? von Richard Gutjahr:

Ich lernte: Die Diskussionen, die ich in meinem Studium der Kommunikationswissenschaften von 30 Jahren geführt habe über die „Wahrhaftigkeit“ von Berichterstattung, gibt es immer noch. Die neuen Medien sorgen dafür, dass jetzt – wenn mal Gras über eine Sache gewachsen ist – schneller die Kamele kommen, die es wieder wegfressen. Es leiden: Die Glaubwürdigkeit der Medien. Die Glaubwürdigkeit der Journalisten. Aus Information wird Infotainment, denn nur das bringt hohe Klickzahlen oder Zuschauerraten, die Qualität der Berichterstattung leidet. Und am Ende sind alle Medien Wirtschaftsbetriebe, deren Bilanz im grünen Bereich sein soll. Welchen Platz hat da der neutrale Vermittler, der objektive Berichterstatter und der anwaltschaftliche Journalist? Es bleibt schwierig.

Weil Richard Gutjahr immer spannende Themen anpackt, bin ich bei seiner anschließenden Sitzung zum Thema Bots auch gleich geblieben:

Good Bots, Bad Bots von Richard Gutjahr:

Ich lernte: Terminator – er war ein Werk eines Botnets, Skynet genannt. Bots gibt es heute schon, aber die funktionieren noch nicht so richtig, wenn es darum geht, dass sie mit uns kommunizieren sollen. Microsoft machte mit Tay eine kurze und schmerzhafte Erfahrung auf Twitter. Aber sie funktionieren, wenn sie das Meinungsklima vor Wahlen verändern sollen. Die letzten Wahlen in den USA und in der Ukraine wurden von Bots, die automatisiert Tweets zu Tausenden pro oder contra verschiedener Kandidaten versenden, deutlich beeinflusst. Sie können Themen pushen, Hypes generieren oder simulieren oder Trends beschleunigen. Und wir müssen uns auf das konzentrieren, was die Bots in Zukunft nicht können werden. Ach ja: Und 2027 soll so etwas wie Skynet möglich sein. Na, da haben wir ja noch etwas hin.

Meine Session Nummer 2: Personal Branding für Journalisten:

Ich lernte: Nicht alle wissen, was ich mit „Real Life“ meine. Denn ich wollte von den Teilnehmenden der Session erst einmal erfahren, was sie so in Sachen Personal Branding machen, also wie sie ihre Eigenmarke gestalten, sich selbst vermarkten oder wie sie das machen, was man Eigen-PR oder Selbst-PR nennt. Und da kam das Thema Netzwerken vor. Viele der Maßnahmen, die genannt wurden, finden online statt. Als ich nachfragte: „Und was macht Ihr in Real Life?“ – da war erst mal nicht klar, was ich damit gemeint hatte, nämlich Vorträge halten, zu Netzwerktreffen gehen oder Menschen zum Business Lunch zu treffen. Na, war ja auch ein Digital Media Camp!

Dann nahmen wir uns die drei Personenmarken der Top Guys auf dem #dmcmuc vor: Sascha Pallenberg, Michael Praetorius und Richard Gutjahr. Erkennungszeichen: Hoodie, Hut und Bloggerhandtasche. Die Stories: Corporate Blogging von Taiwan aus, Verbrennung von Fahrscheinen oder Snapchat-Fieber. Und dann noch:

Nicht alle Journalisten brauchen einen Personal Brand, denn in manchen Redaktionen zählt nur das Blatt. Da wird nicht aufgeführt, wer die Story geschrieben hat. Und dann gibt es die News Anchors, die eine hohe Glaubwürdigkeit und Bekanntheit brauchen. Und dann gibt es die vielen Freien, die eine Marke erschaffen müssen, um ihren Marktwert zu demonstrieren.

Es gibt Journalisten, die bei der Selbstvermarktung von ihren journalistischen Fähigkeiten profitieren, die das notwendige Sendungsbewußtsein haben und sich zeigen können und wollen. Und dann gibt es die, die es nicht übers Herz bringen und das auch alles nicht für so wichtig halten.

Tatsache: In Zeiten starken Wandels, mangelnder Jobsicherheit und von Kettenverträgen ist es mehr als nützlich, wenn einem der Ruf der eigenen hohen Kompetenz in seiner Nische vorauseilt!

Interne Markenbotschafter mit Magdalena Rogl und Bianca Bauer von Micosoft

Ich lernte: Jeder Mitarbeiter eines Unternehmens ist ein Markenbotschafter. Und als solcher braucht er Unterstützung. Darüber berichteten Magdalena Rogl und Bianca Bauer von Microsoft in ihrer Session: Wie man Mitarbeiter schult rund um den Einsatz von Social Media, wie man sie unterstützt mit Themenvorschlägen für das, was sie teilen können, wie man sie motiviert – und da spielt Gamification eine wichtige Rolle. Eine echte Herausforderung ist das Finden von interessanten Stories innerhalb des Unternehmens. Da hilft netzwerken, und zwar auf dem guten alten analogen Weg in der Kantine und in enger Verbindung mit „alten Hasen“ und langjähigen Wissensträgern im Unternehmen.

Ja, viel gelernt habe ich in all den Sessions und es war manchmal eine harte Entscheidung „Wo gehe ich hin?“, weil es so viele interessante und relevante Angebote gab. Dieses Video gibt den Spirit des Digital Media Camps sehr gut wieder:

296 Spezialisten, Blogger und Journalisten genossen spannende Sessions, eine großartige Eventorganisation und interessante Gespräche – drei Gründe, das #dmcmuc auch im nächsten Jahr wieder zu besuchen. Der Trello Sessionplan mit Notizen der Teilnehmer ist hier abgelegt. Mein Storify findet Ihr unter diesem Link. Alle Blogrückblicke der Barcamp-Besucher werden zentral auf dieser Seite gesammelt. Und da wird es dann auch den Termin und Ort für das #dmcmuc 2018 geben.

Seid Ihr 2018 dabei?

2 Gedanken zu „#dmcmuc 2017 Rückblick: Was meinst Du mit Real Life?“

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