Barcamps – Events der Zukunft? Sieben Fragen an Jan Theofel

Vergessen Sie alles, was Sie über Veranstaltungen wissen. Barcamps sind anders. Ein Barcamp ist eine Ad-hoc-Nicht-Konferenz, Wikipedia verwendet den Begriff Unconference. Ziel ist es, dass sich Menschen in einer offenen Umgebung austauschen und voneinander lernen können. Ich freue mich sehr, dass mir ein sehr erfahrener Experte zu diesem Format – Jan Theofel – sieben Fragen rund um Barcamps beantwortet hat.

Ein Barcamp ist geprägt von spontanen Diskussionen, Präsentationen und Interaktion der Teilnehmer, das Präsentationstagesprogramm wird gemeinsam festgelegt. Jeder kann sein Thema präsentieren. Das Publikum entscheidet, ob das Thema interessiert. Dokumentiert wird die Veranstaltung in den Blogbeiträgen der Teilnehmenden.

Herr Theofel, ist das Ende der Messen, Roundtables und Vortragsveranstaltungen nahe?
Jan Theofel: „Ganz so hart würde ich das nicht ausdrücken. Aber ich glaube, dass das Ende vieler Veranstaltungen, wie wir sie bislang kennen, nahe ist. Es wird immer selbstverständlicher, Teilnehmerpartizipation zu integrieren. Das muss nicht so radikal und vollständig wie auf einem Barcamp sein. Auch wenn ich dieses Format natürlich bevorzuge. Es ist ein wenig wie in der Schule: Wir haben damals so wenig behalten, weil man uns frontal beschallt hat. Aber wir lernen besser, wenn wir selbst involviert sind.“

Wie können Unternehmen dieses Format für Ihre Kundenkommunikation nutzen?
Jan Theofel: „Ja nach Unternehmensgröße und Thema können sich zwei Alternativen anbieten: Entweder ein Kundenevent als Barcamp auszurichten oder ein sogenanntes Themencamp zu einem eigenen Thema zu veranstalten. Bei beidem zeigen sich Unternehmen innovativ. Wichtig ist natürlich, dass sie das nicht nur ‘faken‘, sondern auch leben. Gerade bei solch offener Kommunikation wird der Unterschied ganz schnell klar.“

Gibt es schon PR-Projekte mit Barcamps?
Jan Theofel: „Barcamps sind auf Sponsoren angewiesen. Man kann jedes Sponsoring als PR-Projekt betrachten. Vor allem, wenn man strategisch mehrere große Barcamps unterstützt. Als Firma gewinnt man dabei die Aufmerksamkeit eines extrem online-affinen Publikums und guter Multiplikatoren. Es ist sonst selten möglich, mit so wenig Budget so eine attraktive Zielgruppe und Reichweite anzusprechen. Einprägsam bleibt dabei, wer nicht nur Geld gibt, sondern sich auch darüber hinaus aktiv einbringt.“

Welche drei Barcamps sollten PR-Profis in Deutschland unbedingt besuchen, um sich mit diesem Format vertraut zu machen?
Jan Theofel: „Nur so wenige? (lacht) Ok, gerade wer sich mit Social Media beschäftigt, sollte sich ein klassisches Barcamp in der Nähe zum Einstieg heraussuchen. Oder eines, für das man sich erst mal persönlich interessiert. Einen Überblick gibt es die www.barcamp-liste.de. Dann empfehle ich das Monitoring Camp  zum Thema Social-Media-Monitoring und das LifeWorkCamp über neue Formen von Arbeit und Leben. Ein reines PR-Camp steht meinem Wissen nach aktuell im deutschsprachigen Raum nicht an. Soll ich eins organisieren?“

Was müssen alle, die sich bislang als Sprecher und Vortragsredner positioniert haben, in Zukunft anders machen?
Jan Theofel: „Erstens: In die eigenen Vorträgen mehr Interaktion mit dem Publikum integrieren. Zweitens: Mit mehr Fragen, Widerspruch und Ergänzungen aus dem Publikum rechnen, weil die Leute das immer selbstverständlicher machen.Und drittens: Nicht nur zum Vortrag kommen und verschwinden, sondern das ganze Event über vor Ort ansprechbar sein. Das fördert die Interaktion mit dem Experten.“

Wie sieht ein Barcamp Ihrer Meinung nach im Jahr 2020 aus?
Jan Theofel: „Ich habe einmal gesagt, dass ich Barcamps nicht nicht weiterentwickeln kann. Und das gilt für alle, die welche organisieren. Die Szene wird sich aus meiner Sicht professionalisieren und einen immer schöneren Rahmen schaffen. Was es nicht geben darf sind inhaltliche Einschränkungen – abgesehen von der Vorgabe des Hauptthemas.“

Was sind die drei Dinge, die Sie an Barcamps lieben?
Jan Theofel: „Erstens die offene Atmosphäre, in der dort Wissen ausgetauscht wird. Zweitens zuzusehen, wie zunächst skeptische Neulinge ganz schnell und tief in dieses neue Format eintauchen. Und drittens, dass mein Kopf nach zwei Tagen Barcamp vor lauter neuen Ideen platzt.“

Vielen Dank!

Jan Theofel hat seit 2007 über 50 Barcamps besucht. Er ist Organisator zahlreicher Barcamps,  u.a. des etablierten Barcamps in Stuttgart. Er arbeitet als Coach und Barcamp-Organisator. Weitere Infos unter www.theofel.com.

Eine Antwort zu „Barcamps – Events der Zukunft? Sieben Fragen an Jan Theofel”.

  1. […] als ich 2012 ein Interview mit Jan Theofel über Barcamps führte, spürte ich: Das ist ein geniales Event-Format! Mehr Wissen, mehr […]