Personal Branding und was Ihr digitaler Nachlass damit zu tun hat

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was man online über Sie erfahren kann, wenn Sie diesen Planeten verlassen haben? Wahrscheinlich nicht, und damit befinden Sie sich in guter Gesellschaft, denn eine Umfrage vom Herbst 2017 belegt, dass nur etwa jeder Zehnte hat sein digitales Erbe geregelt hat. Doch es geht um mehr als nur Passwörter und Online-Konten: Es geht um Personal Branding und das, was wir der Welt hinterlassen wollen. Sechs Leitfragen für Ihre Digital-Inventur finden Sie in diesem Blogbeitrag zur #diginastory und zur Konferenz #digina17.

Wir gehen, doch unsere Daten, Online-Spuren, Fotos und Inhalte bleiben. Eine Tatsache, die derzeit noch vielen Menschen einfach egal ist: Eine YouGov-Umfrage, die im November 2017 veröffentlicht wurde, belegt, dass nur acht Prozent der 2020 befragten deutschen Internetnutzer ab 18 Jahren für ihre Hinterbliebenen Zugangsdaten zu Diensten und Online-Konten hinterlegt haben. Nur vier Prozent haben bei ein paar Diensten Vorkehrungen für den Todesfall getroffen. 45 Prozent sind sich der Problematik des digitalen Erbes nicht bewusst. 25 Prozent der Befragten fehlten die Informationen, wie sie ihren digitalen Nachlass regeln sollen. Sechs Prozent ist das Thema unangenehm. 11 Prozent machten keine Angaben.

Unwissenheit, Verdrängen, Nachlässigkeit – das digitale Erbe braucht mehr Aufmerksamkeit. Schließlich müssen wir uns als Unternehmer, Selbstständige oder Führungskräfte, die digitale Inhalte erschaffen, unseren Kindern, Erben, Nachfolgern oder Hinterbliebenen zuliebe fragen: Ist das Kunst oder kann das weg?

Warum Sie sich mit dem digitalen Nachlass beschäftigen sollten

Da ist zunächst die wirtschaftliche und abwicklungstechnische Seite des digitalen Erbes: Wer sauber dokumentiert, was wie von wem zu regeln ist, macht es Hinterbliebenen leichter, Daten und bestehende Accounts z.B. in Xing, LinkedIn, Twitter oder Facebook zu löschen oder Abonnements und Kaufverträge zeitnah zu kündigen, ohne dass unnötige Folgekosten entstehen. Die Erben benötigen dafür eine Liste mit bestehenden Accounts, Verträgen und Passwörtern, die man z.B. Passwort-geschützt als Dokument auf einem USB-Stick speichert. Das Passwort sollte nur der Person bekannt sein, die von Ihnen zur Nachlassverwaltung bevollmächtigt wurde.

Die Verbraucherzentralen haben rund um den digitalen Nachlass ein Portal namens „Macht’s gut!“ erstellt. Dort finden Sie weitere Infos sowie Checklisten. Nützlich fand ich auch die Übersicht vom WISO-Tipp: Online-Konten und Passwörter vererben: So regeln Sie den digitalen Nachlass richtig!

Was soll die Welt über Sie erfahren?

Die andere Seite Ihres digitalen Nachlasses hat damit zu tun, wie und für was Sie in Erinnerung bleiben möchten. Was soll die Nachwelt über Sie, Ihre Projekte und Gedanken erfahren? Wie lautet Ihr Vermächtnis? Schauen wir uns einmal an, was uns an Menschen in der Vergangenheit in Erinnerung geblieben ist:

Gedenktafeln und eigene Museen bekamen beispielsweise Musiker und Politiker, Künstler und Wissenschaftler, Helden und Bürgerrechtler, Schriftsteller und Unternehmerpersönlichkeiten. Nach diesen Menschen wurden Straßen benannt, Flughäfen, Stiftungen oder öffentliche Gebäude. Ihre Gesichter findet man auf Briefmarken, Gedenkmünzen. Ihren Namen findet man als Namensgeber für kulturelle Veranstaltungen, Gesellschaften oder Einrichtungen.

Das Gedenken bewahren wollen wir für bekannte Genies, Talente und Menschen mit besonderen Begabungen, Leistungen und Taten. Wir erinnern uns an ihr Gedankengut, ihre Sichtweisen, Methoden und Patente, ihre Biografien und Entwicklungen, ihre Forschungsergebnisse, Inspirationen und die Freude, die sie uns mit ihrer Musik oder ihren Bildern geschenkt haben.

Digitaler Nachlass Digina

Wer schreibt, der bleibt

Menschen sind berühmt geworden, weil sie die Welt besser gemacht haben, schöner, freier, fortschrittlicher, weil sie Menschen, Tieren oder der Natur geholfen haben. Helden und Vorbilder sind sie geworden. So mancher Musiker oder manche Pop-Band steht für das Lebensgefühl einer ganzen Generation. Erinnern können wir uns über einen langen Zeitraum hinweg vor allem an die Menschen, die etwas sicht-, hör- und greifbares hinterlassen und veröffentlicht haben, also z.B. Kompositionen, Gedichte, Bücher, Aufzeichnungen, Tagebücher, Studien, Bilder, Briefe oder Fotos sowie Ton- und Filmdokumente. Eine Möglichkeit, die in der Vergangenheit nur wenigen Menschen vorbehalten war.

Durch das Netz haben nun Millionen von Menschen weltweit die Gelegenheit, zu publizieren und ihre Inhalte z.B. in Blogs, Podcasts, YouTube-Kanälen oder Social Media zu veröffentlichen und zu verbreiten. Und damit stellt sich eben Millionen Mal mehr die Frage, welche Inhalte welche Verantwortung und Möglichkeiten nach sich ziehen für die Menschen, die sie „erben“ werden.

Ein Beispiel hierfür ist die Geschichte des amerikanischen Bloggers Scott Dinsmore: Über seinen Blog Live Your Legend: Change The World By Doing Work You Love inspirierte er Menschen auf der ganzen Welt dazu, ihren Lebensunterhalt mit dem zu verdienen, was Spaß macht und was man gut kann. Er initiierte Community-Treffen, die die Menschen anhand eines Toolkits selbst in ihrer Heimatstadt veranstalten konnten, um sich gegenseitig bei ihren Bemühungen zu unterstützen. Im Jahr 2015 jedoch verstarb Scott Dinsmore nach einem tragischen Bergsteigerunfall am Kilimanjaro während seiner Weltreise. Heute führt seine Frau die Community weiter in einem Blog und bietet weiter die Online-Trainings an, die Scott Dinsmore zu Lebzeiten aufgebaut hatte.

Inhalte schaffen Beziehungen

„So wichtig bin ich aber nicht. Ich bin doch nur ein kleines Licht!“ werden Sie jetzt vielleicht sagen. Und: „Mein Blog kann nach meinem Tod sicher weg.“ Nun, Sie mögen das so empfinden. Aber welche Bedeutung haben Ihre Blogartikel z.B. für andere Menschen? Für Ihre Community, die darin eine wichtige Diskussionsplattform fand? Für Ihre Nachkommen, die sich gerne an Sie erinnern und stolz auf Sie sind? Für Ihre Fans, Follower, Leserinnen und Leser, die darin immer wieder stöbern und Orientierung sowie Inspiration finden? Werden diese irgendwann ein Dokument der Zeitgeschichte?

Welche Bedeutung haben Ihre publizierten Inhalte für die Menschen aus Ihrem Netzwerk? Eine Online-Präsenz entsteht ja nicht im luftleeren Raum, alles ist mit allem vernetzt. Die Folge: Es entstehen Inhalte, die mit denen von anderen Menschen verbunden sind, wie z.B. Interviews mit Experten im eigenen Blog. Für sie Sichtbarkeit von anderen wäre es u.U. ungünstig, wenn Ihr Blog plötzlich nicht mehr da wäre.

Und denken Sie an den Wert von zeitlosem Content. In meinem Blog gibt es z.B. einen sehr erfolgreichen Artikel darüber, wie man ein Dankbarkeitstagebuch schreibt, der jeden Tag von vielen Menschen aufgerufen wird. Der könnte auch in 100 Jahren noch hilfreich sein.

Bedenken Sie auch: Viele der Fanbeziehungen, die z.B. bei Bloggern entstehen, sind für den Ersteller der Inhalte nicht erkennbar. Wer als Blogger Glück hat, bekommt Fanpost und erhält Feedback zu dem, was er geschrieben, aufgezeichnet und veröffentlicht hat. Doch viele Fans leben ihre Wertschätzung im Stillen. Und so mancher Blogger erfährt nie, dass er oder sie weit mehr für andere Menschen darstellt als nur ein „kleines Licht“!

Mein Haus, mein Auto, mein Personal Brand

Immer mehr Menschen machen sich heute Gedanken über ihre Personenmarke, ihren Personal Brand – ob bei Selbstständigen oder angestellten Führungskräften. Sie wollen mit ihren Markenzeichen schnell wiedererkannt werden, damit die Menschen wissen, für welche Kompetenzen, Werte, Leistungen und Erfolge sie stehen. Sie publizieren Inhalte, die ihre Haltung und Ihre Position ausdrücken, um den Menschen Orientierung zu geben, ob sie bei diesen Personen „andocken“ können oder ob diese eben nicht in ihr Wertesystem passen. Doch eine Marke hat eine lange Lebenszeit. Relevanz und Bedeutung eines Menschen können weit mehr als nur ein Menschenleben überdauern. Haben Sie sich dazu schon einmal Gedanken gemacht?

Jetzt höre ich Sie wieder sagen, dass das ja nur für die selbstverliebten Egomanen gilt. Ich aber glaube, dass vor allem Menschen darüber nachdenken, die ein hohes Verantwortungsgefühl gegenüber ihren Weggefährten, Netzwerkpartnern, ihrer Community und Ihren Nachkommen empfinden. Nach mir die Sintflut – so denken in meinen Augen die Egomanen. Wer eine Reputation aufgebaut hat, der hat in vielen Fällen auch ein Interesse daran, sie als Vermächtnis in die Zukunft zu führen – zum Interesse aller Beteiligten!

Dass es im Übrigen auch anders herum funktionieren kann, nämlich dass jemand, der ein ganz und gar analoges Leben geführt hat, knapp 100 Jahre nach seinem Tod mit seiner Lebensgeschichte im Internet auffindbar ist, habe ich vor kurzem selbst erlebt. Mein Urgroßvater Eugen Vitalowitz war ein großartiger Kunstmaler und ich hatte immer mal wieder seinen Namen bei den Suchmaschinen eingegeben, um dem Kirchengebäude auf die Spur zu kommen, die er in jungen Jahren ausgemalt hatte. 2017 erschien zum ersten Mal etwas bei Google, jedoch nicht zu seinem künstlerischen Werk, sondern zu seiner Lebensgeschichte, die der Heimatforscher Dietrich Grund im Zuge seiner Recherchen zur „Revolution in Unterhaching 1918/19“ herausgefunden hatte.

Fragen für Ihre Digital-Inventur

In der Natur entwickelt sich aus den Blättern, die die Bäume in jedem Herbst abwerfen, ein neuer Nährboden für die folgenden Pflanzengenerationen. Blicken Sie doch mal aus dieser Blickrichtung auf Ihre bisher veröffentlichten Inhalte auf eigenen und fremden Plattformen – ob Blogs, Podcasts, eBooks, Videos, Interviews, Presseartikel, Studien oder Bücher.

  1. Sind die Inhalte zeitlos? Sind die Inhalte auch in 20 Jahren noch relevant?
  2. Wem können Ihre Geschichten zur Inspiration dienen? Wer kann darauf aufbauen? Wer kann Ihre Methoden, Erfahrungen nutzen und Ihre Erfolgstipps nachmachen?
  3. Welche anderen Menschen fördern Sie durch ihre Inhalte?
  4. Was ist für Ihre Community wichtig?
  5. Was wünscht sich ihre Familie? Was sollen Ihre Enkelinnen und Enkel über Sie online erfahren?
  6. Sind die Inhalte ein Business geworden? Wer soll es fortführen? Zum Beispiel, wenn es um den Verkauf von Webinaren oder eBooks geht. Oder wenn Sie auf Ihrem Blog Werbung erlauben oder an Affiliate-Programmen teilnehmen. Gibt es Lizenzen oder Rechte, die Sie in Ihrem Testament an jemanden übertragen wollen? Kann man das Business ev. verkaufen? Wer soll ev. Kosten für Hosting, URLs tragen, wenn Ihre Online-Präsenzen fortgeführt werden?

Nicht immer ist es leicht, selbst Antworten auf diese Fragen zu finden. Lassen Sie sich helfen. Beantworten Sie die Fragen erst einmal selbst. Recherchieren Sie dann Zugriffszahlen auf Ihre Inhalte oder was Suchmaschinen so über sie auswerfen und wie vernetzt Ihre Webpräsenzen sind. Und fragen Sie Kunden, Partner und Menschen aus Ihrem Umfeld, welche Ideen sie zu diesen Fragestellungen haben.

Ich finde es wichtig, dass wir uns jetzt diesem wichtigen Thema widmen. Wenn Sie diesen Artikel weiterempfehlen, freue ich mich sehr! Vielen Dank!

Haben Sie Ihren digitalen Nachlass schon geregelt?

Merken

Merken

2 Antworten zu „Personal Branding und was Ihr digitaler Nachlass damit zu tun hat”.

  1. […] Wir alle sind nicht ewig auf diesem Planeten, deshalb tut Euren Nachkommen den Gefallen und regelt, was mit Euren Daten, Eurem Blog und Texten nach Eurem Ableben passieren soll. […]

  2. […] die Marke „Ich“ ganz bis zum Ende zu denken und sein digitales Erbe zu definieren. Sechs Leitfragen für die Digital-Inventur habe ich in diesem Blogbeitrag […]