Immer wieder mal starte ich einen PR-Selbstversuch. Im Oktober 2018 habe ich mich deshalb in das Fotostudio von Thomas Wieland gewagt. Was ich in seinem Fotostudio und mit seinen Fotos erlebt habe, lest Ihr hier. Außerdem habe ich mit Thomas darüber gesprochen, warum er Headshots macht, was die Setcards von Schauspielern damit zu tun haben und welche Feinheiten es bei Bewerbungsfotos und in der Businessfotografie gibt.
Headshots? Als ich zum ersten Mal von Thomas’ Arbeit hörte, war ich verwirrt. Warum spricht er nicht einfach von Portraits? Oder Profilfotos? Als ich die Porträts in seinem Instagram Account genauer studierte, wurde mir klar, warum er bewusst diesen Ausdruck verwendet. Es ist eine ganz besondere Art zu fotografieren. Eine spezielle Art und Weise, ein Gesicht zu beleuchten. Die Fotos haben eine enorme Tiefe und Plastizität. Es ist fast so, als würde der Mensch vor mir stehen. Und ich hatte das Gefühl, dass diese Menschen ihre Ausstrahlung authentisch zeigen konnten.
Ja, das sollte mein Selbstversuch in diesem Jahr werden! Ich buchte eine BRANDING & CASTING SESSION bei Thomas Wieland und bekam vorher genaue Instruktionen, wie und mit was ich zum Shooting kommen sollte. In seinem Fotostudio in München angekommen haben wir erst mal das Konzept besprochen und die Kleidung ausgewählt. Dann habe ich das leichte Tagesmakeup aufgefrischt und die Haare so frisiert, dass möglichst viel von meinem Gesicht zu sehen war. Auf Schmuck habe ich ganz verzichtet, um nicht vom Gesicht abzulenken.

Die Atmosphäre war super entspannt: Thomas gab mir viele Tipps, wann ich mich wie zu drehen, hinzustellen und zu bewegen hatte. Ich habe zweimal das Outfit gewechselt, wir haben verschiedene Hintergründe ausprobiert und auf seinem Laptop konnte ich immer gleich überprüfen, wie ich auf den Fotos aussah. In Foto-Pausen traf Thomas eine Vorauswahl der Bilder. Nach der Session wählten wir daraus die besten Bilder gemeinsam aus. Thomas hat die Bilder nach der Session dann bearbeitet, zugeschnitten und sie mir ein paar Tage später für die verschiedenen Profilformate zugeschickt.
Die Fotos sagten mir sofort zu. Ich hatte das Gefühl, ganz ICH zu sein und fühlte mich nicht nur mit dem Prozess, sondern auch mit dem Ergebnis sehr wohl. Das sahen auch die Menschen, die mich kennen, genauso: Viele viele Likes und begeisterte Kommentare, sobald ich die Profilfotos in meinen Accounts in Social Media sowie in den Business-Plattformen hochgeladen hatte. Styling Coach Jasmin Leheta schrieb: „WOW! Die Essenz von Daniela.“ Weil sich so viele Menschen für die Arbeit von Thomas interessieren, habe ich ihn um ein Interview gebeten.
Thomas, wie bist Du Headshot-Fotograf geworden?
Thomas Wieland: „Die Kurzversion ist: Eine Freundin hat mich vor ein paar Jahren gefragt, ob ich von ihr Bewerbungsfotos machen könnte. Damals war ich noch an der Uni als Technikhistoriker unterwegs und Fotografie war eine Freizeitbeschäftigung. Um mich auf das Shooting vorzubereiten, habe ich im Internet nach Informationen zu Bewerbungsfotos gesucht und bin dabei auf Peter Hurley gestoßen.
Peter, der sein Studio in New York hat, gilt als einer der besten Headshot-Fotografen der Welt. Seine Arbeit hat mich sofort fasziniert. Die war so ganz anders als das, was ich bis dahin gesehen und womit ich mich bis dahin fotografisch befasst hatte. Das wollte ich unbedingt ausprobieren. Ich hatte dann das Glück die Headshot-Fotografie von Peter zu lernen, der ein begnadeter Lehrer ist. 2016 hat er mich zu seinem Associate gemacht.
Zuvor hatte ich allerdings schon meinen Beruf als Technikhistoriker an den Nagel gehängt, um mich als Headshot-Fotograf selbständig zu machen. Das Thema hat mich gepackt und nicht mehr losgelassen.“
Was ist ein gutes Foto von einem Menschen?
Thomas Wieland: „Für mich ist ein gutes Foto von einem Menschen eines, das im Kopf der Betrachterin oder des Betrachters einen Film in Gang setzt. Und bei Headshots sollte die portraitierte Person als Idealbesetzung dieses Films erscheinen. Gute Fotos sind für mich zudem Fotos, die im Gedächtnis haften bleiben. Die will man immer wieder ansehen.“
Warum spielen gute Fotos heute eine so wichtige Rolle?
Thomas Wieland: „Zunächst muss man festhalten, dass wir noch nie einer so großen Bilderflut ausgesetzt waren wie heute. Internet und soziale Medien haben daran den Löwenanteil. Alle diese Fotos, die täglich in unseren Blick geraten, kämpfen um unsere Aufmerksamkeit. Und gute Fotos, die mehr als nur Abbild sind, haben hier klar einen Vorteil.
Internet und soziale Medien haben uns aber nicht nur eine neue Quantität der Bilder beschert, sondern auch eine neue Qualität des Interagierens. Das Internet ist ein Ort, wo wir einkaufen, Dienstleister suchen, um Mitarbeiter werben oder Bekanntschaften schließen.
Damit das funktioniert, müssen wir Vertrauen zu einem ‚virtuellen‘ Gegenüber aufbauen. Der erste und häufig entscheidende Schritt dazu ist der Blick auf das Portrait- bzw. Profilfoto. Wirkt der Reiseanbieter seriös? Traue ich der Anwältin zu, dass sie meinen Fall erfolgreich vertritt? Sieht die Führungskraft wie ein verlässlicher Teamleader aus? Ist mir der Coach sympathisch? Gute Fotos schaffen Vertrauen und beantworten diese Fragen positiv. Ein gutes Foto ist ein Türöffner.“
Was ist das Besondere an Headshots? Wodurch unterscheiden sie sich zum Beispiel von klassischen Bewerbungsfotos?
Thomas Wieland: „Headshots waren ursprünglich die Portraitfotos, mit denen sich Schauspielerinnen und Schauspieler in den USA um eine neue Rolle bewarben. Nur mit einem erstklassigen Headshot hatte man eine Chance, zum Vorsprechen eingeladen zu werden. Nicht zufällig haben sich deshalb zahlreiche Fotografen in den Medienmetropolen Los Angeles und New York auf diese Fotos spezialisiert. Der Qualitätswettbewerb unter ihnen hat das Genre dann auf ein extrem hohes fotografisches Niveau geführt.
Erstklassige Headshots sind ausdrucksstark und authentisch, sie zeigen die abgebildete Person als Idealbesetzung für die offene Rolle, sie sind Hingucker, stechen in der Flut der Bewerbungen heraus und bleiben im Gedächtnis der Caster hängen.
Mit der Verbreitung von Internet und Social Media wurden Headshots in den USA, wo man das Bewerbungsfoto nicht kennt, dann als Profilfotos und Businessportraits entdeckt. Mittlerweile sind Headshots dort fest in der Geschäftswelt verankert.
Formal steht das klassische Bewerbungsfoto mit seiner Konzentration auf Gesicht und Schulterpartie sowie neutralem Hintergrund dem Headshot relativ nahe. Doch obwohl es hierzulande fester Bestandteil einer jeden Bewerbung ist, hat es die längste Zeit eine eher randständige Existenz geführt: Auf dem Lebenslauf wurde es in eine der oberen Ecken verbannt, kaum ein Fotograf entwickelte eine wirkliche Leidenschaft für das Genre, der Wettbewerb unter den Fotostudios lief vor allem über den Preis. Das war dem allgemeinen Niveau wenig zuträglich, auch wenn es natürlich Ausnahmen gab und sich das mittlerweile zum Glück ändert.“

Welche Trends gibt es bei Bewerbungsfotos und in der Businessfotografie?
Thomas Wieland: „Zunächst lässt sich eine deutliche Aufwertung von Bewerbungsfotos und Businessfotografie feststellen. Die Ansprüche steigen. Das hat viel mit dem oben beschriebenen Wettbewerb der Bilder um die Aufmerksamkeit des Publikums zu tun.
Bewerbungsfotos werden mittlerweile groß auf der Eingangsseite der Bewerbung präsentiert. Sie sollen die Persönlichkeit der Bewerberin bzw. des Bewerbers greifbar machen, sie bzw. ihn als Idealbesetzung für die offene Stelle zeigen.
Ähnlich verhält es sich mit Businessportraits. Auch wenn dort nach wie vor sehr viel austauschbarer Anzugstoff vor verschwommener Büroarchitektur zu sehen ist, geht der Trend klar zu Bildern, in denen Persönlichkeiten sichtbar werden.
Diese Aufwertung der Persönlichkeit im Bild ist Teil einer übergreifenden Entwicklung, nämlich der, dass Selbständige und Führungskräfte als Personenmarke bzw. Personal Brand sichtbar werden müssen, um ihre Geschäfts- und Karriereziele zu erreichen. Dazu benötigen sie richtig gute Fotos bzw. Headshots, die sie nicht nur auf der Bewerbung, sondern auch in den sozialen Netzwerken, auf der Firmenwebsite, als Pressefoto auf Pressemitteilungen, dem eigenen Newsletter usw. einsetzen können. Das beschreibst du ja auch sehr anschaulich in deinem Buch über Selbst-PR.“
Stimmt. Welche Menschen kommen zu Dir ins Fotostudio?
Thomas Wieland: „Der Großteil meiner Kundschaft sind Selbständige und Führungskräfte aus den unterschiedlichsten Branchen. Da ist die Psychotherapeutin ebenso dabei wie der Aufsichtsrat, die Portfoliomanagerin, der Baumpfleger, die Business Coach oder auch der Immobilienmakler. Außerdem fotografiere ich regelmäßig Künstlerinnen und Künstler, vor allem aus dem darstellenden Bereich.
Diese Menschen sind sehr unterschiedlich in ihrer Persönlichkeit und dem, was sie machen. Das ist für mich der Reiz an der Headshot-Fotografie. Denn um gute Fotos zu machen, muss ich zu den Menschen, die ich fotografiere, eine Beziehung aufbauen, ein Gefühl für ihre Persönlichkeit entwickeln. Das ist immer wieder aufs Neue spannend und aufregend.“
In welchen Situationen buchen Dich Deine Kundinnen und Kunden?
Thomas Wieland: „Viele befinden sich gerade in einer Umbruchphase, sei es, dass sie sich gerade selbständig machen oder eine neue Stelle suchen. Da sind erstaunlich viele dabei, die sich – ähnlich wie ich selbst – in der Mitte ihres Berufslebens noch einmal neu erfinden, etwas ganz anderes als bisher machen wollen. Das finde ich ganz besonders spannend.
Viele Kundinnen und Kunden benötigen aber auch einfach ein Update ihres Profilfotos auf XING oder LinkedIn, da das alte Bild so gar nicht mehr mit ihrem jetzigen Aussehen in Einklang zu bringen ist.
Gemein ist den meisten meiner Kundinnen und Kunden, dass es für sie eine ungewohnte Situation ist, vor der Kamera zu stehen. Manche haben sogar eine regelrechte Kamerascheu. Deshalb erkläre, coache und dirigiere ich ganz viel während des Shootings und zeige meinen Kundinnen und Kunden immer wieder am Computerbildschirm, was funktioniert und was man noch besser machen kann. Headshot-Fotografie ist zehn Prozent Technik und neunzig Prozent Psychologie.“
Was möchtest Du auf den Fotos sichtbar machen?
Thomas Wieland: „Headshots sind Werbebilder im besten Sinne des Wortes: Sie sollen für die abgebildete Person und ihre Fähigkeiten werben. Deshalb möchte ich, dass die Menschen auf meinen Bildern selbstbewusst, aufgeschlossen und richtig gut aussehen. Ich will sie als Idealbesetzung für das zeigen, was sie machen bzw. machen wollen, und zwar in einer Weise, die ihrer Persönlichkeit und ihren Zielen entspricht. Darauf stelle ich mein Shooting und Coaching ab.
Ich will, dass meine Kundinnen und Kunden einen Headshot bekommen, der ihnen wirklich gefällt. Im Idealfall ist er ein Booster für ihr Selbstvertrauen.“
Die richtige Vorbereitung für ein Business-Shooting: Worauf kommt es an?
Thomas Wieland: „Grundsätzlich sollte man sich vor einem Shooting über den eigenen Brand im Klaren sein: Wo und für was steht man? Wo will man hin? Das sind nämlich die Fragen, die man im Vorgespräch mit dem Fotografen beantworten sollte. Das fällt manchen Menschen aber gar nicht so leicht und da ist es dann auch ratsam, sich von Fachleuten helfen zu lassen: Karriereberatern, PR-Profis, Styling Coaches.
Ansonsten habe ich noch ganz pragmatische Tipps: Rechtzeitig zum Friseur gehen, damit noch ein paar Tage vor dem Shooting verstreichen können. Rechtzeitig die Kleidung zusammenstellen, damit das Lieblingsstück nicht in der Wäsche ist. Intensive Sonne meiden, ausreichend schlafen und den Shootingtag möglichst stressfrei organisieren. Ein guter Fotograf wird bei der Vorbereitung Hilfestellung geben.
Ganz wichtig auch: Wenn Fragen auftauchen, diese immer vor dem Shooting klären!“

Wie oft soll man Headshots machen lassen?
Thomas Wieland: „Kurz und knapp: Alle zwei Jahre sowie nach Veränderungen im Erscheinungsbild, z.B. mit neuem Haarschnitt oder neuer Brille.“
Lächeln, lachen oder ernster Blick?
Thomas Wieland: „Das hängt von der Bildaussage ab, die man erzielen will. Von einem Bankkaufmann mit täglichem Kundenkontakt wird etwas anderes erwartet als von einer Unternehmensberaterin, die in der C-Suite unterwegs ist. Die Person auf einem Headshot sollte natürlich immer aufgeschlossen und sympathisch wirken. Dafür reicht aber schon ein leichtes Lächeln.
Lachen funktioniert nur, wenn es echt ist. Es gibt nur wenig Menschen, die ein überzeugendes Lachen vortäuschen können. Deshalb ist es sinnlos, Kundinnen und Kunden mit Sprüchen wie ‚Bitte Lachen!‘ oder ‚Cheese!‘ etc. zu traktieren. Lachen muss immer situativ entstehen.
Letztlich bin ich immer wieder erstaunt, wie selbst leichte Veränderungen im Gesichtsausdruck die Bildaussage deutlich verändern können, und da sind nicht nur der Mund, sondern auch die Augen von zentraler Bedeutung.“
Auf Deinem Blog schilderst Du neun Einsatzmöglichkeiten für Headshots. Nummer neun hat mir am besten gefallen. Wendest Du diesen Trick selbst auch an?
Thomas Wieland: „Du meinst meinen Tipp, sich seinen Headshot als Motivationsfoto an die Wand zu pinnen oder auf den Schreibtisch zu stellen, um sich daran zu erinnern, dass man der selbstbewusste, aufgeschlossene und gut aussehende Mensch ist, der seine Ziele erreichen wird?
Ich habe eine Schachtel mit Headshots, die Peter Hurley von mir gemacht hat. Die sind zwar nicht mehr aktuell, wirken sich aber immer noch sehr positiv auf mein Selbstbewusstsein aus, wenn ich sie ansehe. Und das mache ich dann auch immer mal wieder.“
Danke für das Gespräch, lieber Thomas!